Kapitel 38
Dominicus
Der Wald pulsiert um mich herum, ein lebendiges, atmendes Wesen. Ich bin ein Teil von ihm und doch ein Teil von ihm, ein instinktives und wütendes Wesen, das durch das Unterholz streift. Meine riesigen Pfoten versinken in der feuchten Erde und hinterlassen tiefe Abdrücke, die jedem, der es wagt, mir zu folgen, als Warnung dienen. Der Fluch, der mich im Griff hat, hat die Fassade der Menschlichkeit abgerissen und nur die rohe, ursprüngliche Essenz des Wolfes übrig gelassen.
Meine Gedanken, einst klar und geordnet, wirbeln nun in einem Strudel aus niederen Trieben und bruchstückhaften Erinnerungen. Der Wolfsgeist dominiert und verdrängt die Überreste des Mannes, der ich einmal war. Doch in flüchtigen Momenten durchdringen Scherben meines früheren Ichs den Nebel des tierischen Instinkts und bringen eine neue Welle der Qual und Wut mit sich.
Die Zeit hat jede Bedeutung verloren. Der Tag geht in die Nacht über, die Nacht in den Tag, in einem endlosen Kreislauf aus Jagen und Ruhen. Der unerbittliche Drang, meine Dominanz zu behaupten, verzehrt mich völlig. Meine kräftigen Muskeln spannen sich bei jedem Schritt an und entspannen sich wieder, ein tödliches Versprechen der Verwüstung, die ich entfesseln könnte, wenn ich provoziert würde. Und in diesem Zustand werde ich ständig provoziert.
Der Wald pulsiert vor Leben, jedes Geräusch und jeder Geruch ist ein Leuchtfeuer für meine geschärften Sinne. Das Rascheln der Blätter im Wind wird zu einer dröhnenden Symphonie, während das Huschen kleiner Lebewesen unter meinen Füßen wie Donnerschläge widerhallt. Meine Nasenflügel beben, ich sauge das reiche Gerücht ein – verrottende Blätter, moschusartige Tierspuren, der mineralische Geruch eines nahen Bachs.