Kapitel 1 Ich will dich
Ein Blitz erhellte den Himmel, gefolgt vom tiefen Grollen des Donners vor dem Fenster.
Auf der Milchglastür des Badezimmers, in die ein sanftes, unsicheres Licht fiel, waren die Umrisse zweier Gestalten zu erkennen.
Dahinter standen ein großer Mann und eine Frau, beide zart und anmutig.
Dampf war in der Luft, sodass Alicia Ellis kaum etwas sehen konnte. Sie presste ihre Hände gegen die Glasscheibe, und das Muster ihrer Handflächen war deutlich darauf zu erkennen.
Die Arme des Mannes hielten sie um die Taille gelegt und fest wie Eisen.
Ein Wirbel von Gefühlen erfüllte sie. Verwirrung und Glück vermischten sich, sie fühlte sich wie eine Feder, die hoch in die Luft geworfen wurde, bevor sie wieder fiel.
Heute feierte sie ihren dritten Hochzeitstag mit Erick Ellis.
Früher erinnerte Alicia Erick immer daran, aber er vergaß es nie. Er kam sogar selten nach Hause.
Obwohl sie verheiratet waren, fühlten sie sich wie Fremde.
Diese für ein Paar typische Intimität war für sie neu.
Drei Jahre Ehe und Alicia blieb unberührt.
Aber sie hat es Erick nie übel genommen.
Endlich öffnete sich die Badezimmertür. Erick, in einen Bademantel gekleidet und in Dampf getaucht, trat heraus.
Sein Umhang hing offen und zeigte seine Brust, die von Alicias Fingernägeln gezeichnet war.
Alicia platzte vor Aufregung wie ein kleines, hyperaktives Tier. In ihrer Ungeduld kratzte sie versehentlich ein paar Mal seine Haut und konnte ihre wilde Energie nicht zurückhalten.
Erick nahm mit einem kühlen Lächeln Platz und zündete sich lässig eine Zigarette an.
Nach einer Weile kam Alicia heraus und hielt ihren Bademantel fest umklammert. Ihre Wangen waren rot, eine Mischung aus Schüchternheit und Nervosität war zu sehen. Sie gab sich große Mühe, gelassen auszusehen. „Du scheinst heute ziemlich glücklich zu sein“, bemerkte sie etwas zögerlich.
In ihrer Ehe war Alicia, teilweise aus Schuldgefühlen, immer die Unterwürfigere gewesen.
Vor drei Jahren hatte ihre Stiefschwester Michelle Singh einen Autounfall inszeniert, bei dem Alicia fast ums Leben gekommen wäre. Erick, der Michelle sehr mochte, war vermittelnd eingeschritten.
Ericks Lippen verzogen sich zu einem bezaubernden Lächeln. „Was würde dich dazu bringen, Michelle zu vergeben?“
Zu dieser Zeit erholte sich Alicia in einem Krankenhausbett und hatte kaum überlebt. Sogar die Hand zu heben, fiel ihr schwer. Sie versuchte, den Kopf zu heben, starrte auf Ericks Lippen und begegnete ihm schließlich in die Augen.
„Ich will dich“, erklärte sie und jedes Wort zeugte von Entschlossenheit.
Ihre Forderung war klar: Sie wollte, dass Erick sie heiratet und Michelle nach Faylea schickt.
Sie beschloss, jeglichen Groll loszulassen.
Sie war überrascht, als Erick tatsächlich ja sagte.
Eine auf einem solchen Deal beruhende Ehe schien langweilig zu sein.
Doch heute war es anders. Er kam früh zurück und sie liebten sich leidenschaftlich und weckten eine schwache Hoffnung in ihrem Herzen.
Sie ging hoffnungsvoll auf ihn zu und wagte es sogar, sich eine Umarmung zu wünschen.
Nach ihrer leidenschaftlichen Begegnung zitterten ihre Beine noch immer. Ihr locker gebundener Bademantel enthüllte eine Narbe, die von ihrem Knöchel bis zu ihrem Knie verlief, dünn und zart, aber doch bereit zu brechen.
Es war die Erinnerung an ihren fast tödlichen Autounfall und wurde mit mehr als zehn Stichen genäht.
Es war ein Zeichen dafür, dass es ihr schwerfiel, mit ihm zusammen zu sein.
Erick saß Alicia gegenüber, seine Silhouette zeichnete sich im Licht ab, sein Blick war kalt. „Michelle ist gestern aus Übersee zurückgekommen. Ihr geht es nicht gut und sie möchte bei mir bleiben, um wieder gesund zu werden. Was denkst du?“
Seine Zigarette glimmte intensiv, und mit einem Knall fiel die Asche auf den flauschigen Teppich.
Was als nächstes erkaltete, war Alicias Herz.
In diesem Moment wurde ihr alles klar.